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Text von Seite 1

Ich vermelde, dass am 8. August 1938 die Eheleute Josef und Ida Grubner auf illegalem Weg die Staatsgrenzen der ČSR überschritten haben und seit dieser Zeit im Hotel von Vincencie Urbanová in Kanitz Nr. 63, Kr. Brünn wohnen.

Die Eheleute Josef und Ida Grubner gaben nach ihrer Ankunft in der ČSR das Folgende an:

Die Eheleute Grubner waren Besitzer einer Fabrik zur Herstellung von Papierumschlägen und Tüten in Wien IX, Wasagasse Nr. 7. Nach reichsdeutschem Gesetz, das festlegt, dass Juden in Deutschland keinerlei Besitz haben dürfen, waren die Eheleute Grubner gezwungen ihre Fabrik an Gustav Sellner zu verkaufen. Der Kaufpreis der Fabrik wurde auf 43.000 Rm festgelegt. Die Eheleute Grubner erhielten jedoch keinerlei Geld und der neue Besitzer wurde gezwungen den Kaufpreis bei den dortigen Behörden abzugeben.

In der Fabrik waren 20 Personen angestellt.

Da den Eheleuten Grubner, weil sie Juden sind, verschiedentliches Unrecht angetan wurde, entschlossen sie sich am 8. August 1938 Wien zu verlassen und in die ČSR abzureisen, ausgestattet mit ordnungsgemäßen Reisepässen. In den Pässen hatten sie nicht nur die Bestätigung von deutschen Behörden, dass es ihnen erlaubt ist, auszuwandern, sondern auch die Erlaubnis des tschechoslowakischen Konsulats für die Reise in die ČSR.

Am 8. August 1938 nach 7 Uhr verließen sie Wien mit dem Zug und fuhren zur tschechoslowakischen Grenze. Bei der Ankunft in der deutschen Grenzstadt Laa wurden sie von deutschen Grenzorganen kontrolliert, wobei ihnen ihre Pässe abgenommen wurden. Nach der Abnahme der Reisepässe teilte ihnen einer der Grenzorgane mit, auf welchem Weg sie in die ČSR gelangen würden, ging mit ihnen ein Stück des Weges und wies ihnen die Richtung.

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Text von Seite 2

Die Eheleute begaben sich in die ihnen beschiedene Richtung, überquerten über eine Brücke den Fluß, Dyje/Thaya 1Note 1: unlesbar, wahrscheinlich: "Thaya" überschritten die tschechoslowakische Grenze, ohne von tschechoslowakischen Grenzorganen kontrolliert zu werden.

Nach der Übertretung der Grenzen der ČSR begaben sie sich zu Fuß nach Pohrlitz, Bez. Nikolsburg, von wo sie mit einem Personenwagen nach Kanitz fuhren.

Kanitz haben sie als vorübergehenden Wohnort gewählt, weil die Frau hier geboren ist.

Die Eheleute Grubner erklärten, dass sie sich hier nur solange wie notwendig aufhalten und dass sie nach Palästina abreisen werden, sobald sie die Erlaubnis erhalten.

Der Sohn der Eheleute Grubner Theodor Grubner ist in Paris Vizepräsident der Behörde für die Unterbringung von Juden in Palästina.

Die Eheleute Grubner haben 4.000 Kronen bei sich, außerdem haben sie laut ihrer Erklärung auch eine Geldsumme in der Schweiz, wo in Zürich ihre Tochter 2Note 2: unlesbar, wahrscheinlich: "Tochter" Trude Rothová wohnt, das heißt für die Zeit ihres Aufenthalts in der ČSR werden sie niemandem zur Last fallen.

Der Bruder von Ida Grubnerová Samuel Friedländer ist tschechoslowakischer Staatsbürger, Privatangestellter i. R. und wohnt in Leskau Bez. Brünn. Der Neffe der Eheleute Grubner Schmitt ist Professor am deutschen Gymnasium in Brünn.

Josef Grubner wurde am 11. 10. 1875 in Chrzanów in Polen geb., heimatber. in Wien, Deutschland, Sohn von Abrahám und Malka geb. Katz.

Ida Grubnerová geb. Friedländer wurde am 10. 1. 1880 in Kanitz, Bez. Brünn geb., in Wien Deutschland heimatber. und zuletzt lebten sie in Wien II, Lichtenauergasse Nr. 4.

Kommandant der Station in Urlaubsvertretung

[Unterschrift unleserlich]